Covid-19 und die Zukunft - Warum die Corona-Pandemie ein Startpunkt für eine bessere Welt sein muss!

Eine Pandemie beherrscht die Welt und die bangenden Gedanken vieler Menschen. Mit der Verbreitung des Covid-19-Virus hat sich das Leben für einen großen Teil der Menschheit verändert. In manchen Bereichen temporär, man denke an die Ausgehbeschränkungen und rückgehenden Konsum, und hoffentlich auf wenige Monate beschränkt, andere, wie die wirtschaftliche Situation, werden sich dauerhaft wandeln. Die Folgen der Pandemie sind bislang nicht abzusehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Prognosen der Opferzahlen am Ende weit unterschritten und die Lücken, welche die schmerzlichen Verluste aufreißen müssen, nicht eine unerträgliche Größe annehmen werden.

Gleich wie; es wird eine Welt danach geben. Nur was für eine? Einfach auf sich zukommen lassen? Oder doch die Weichen stellen? Zweites rät die Klugheit und der Verstand.  Ja, die Geschicke gehören in die eigene Hand und mit ihnen sollten wir uns daher, trotz der eindrucksvollen und schauerbaren Stille, die den Alltag nun dominiert, schon heute befassen. Dabei verbietet es sich natürlich grundsätzlich, eine derartige Katastrophe als Chance zu begreifen – sie ist keine, sondern eine Plage und Geisel der Menschheit - allerdings ist es legitim in einer Zeit, in der alles auf dem Spiel steht – was hat der Mensch Wichtigeres, als sein Leben und das seiner Liebsten? – auch alles in Frage zu stellen. Im Gegensatz zu vielen Krisen und Kriegen der jüngeren Vergangenheit sind wir nicht nur Zuschauer, sondern involviert. Teil. Kaum ein Rückzug möglich. Unmittelbar betroffen. Wir wissen nun, dass nichts so sicher ist, wie wir vermutet haben und manches, was selbstverständlich erschien, es in Wahrheit niemals war. Es fehlt nicht viel und die zarten Stützen der angeblichen Macht und Stärke zerbrechen. Selbstverständnis. Identität, Sinn – in Teilen dahin. Eine schreckliche Erkenntnis, die in nur wenigen Wochen die eingespielte Sicherheit verdrängen und als trügerische Illusion entlarven konnte. Irgendwo auch surreal und doch wirklich.

 

Die Wahrheit erscheint bitter: Wir sind nicht weniger verletzlich, als wir es schon immer waren, denn wir sind Menschen. Doch, weil wir welche sind, wissen wir auch uns selbst zu helfen und zu hoffen. Wir sind stark, auch wenn ein Gefühl der Ohnmacht im Moment vorherrschen mag. Machen wir aus diesem erzwungenen Verharren ein Nachdenken. Ein Reflektieren. Eine Analyse über die Stärken, Schwächen und Verletzlichkeit unserer Art zu Leben, die so leicht ins Wanken zu bringen ist. Sinnieren wir über unserer Welt, denn die Pandemie und ihre grausame Stille ist nur eine der großen Herausforderungen der nahen Zukunft, wenngleich den Einzelnen manche davon mehr, manche weniger treffen werden. Die Realität zwingt uns bereits unser Leben zu verändern und anzupassen. Schauen wir genauer hin, um die Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit zu erkennen, nicht wieder der schmeichelnden Illusion der Sicherheit zu verfallen und beginnen wir damit, die Gegenwart und Zukunft vollumfänglich zu gestalten.  Starten wir damit! Jetzt!

1)      Wir müssen die Realität zur Kenntnis nehmen!

Die Corona-Pandemie zeigt uns eine ganz neue Facette der Wirklichkeit, doch die Welt verändert sich bereits seit längerem in einem rasenden Tempo und wir haben viel zu lange diese Umwälzungen ignoriert oder marginalisiert. Die Rolle als Zuschauer ist bequem, doch in Wahrheit waren wir auch hier längst dabei, ohne es zu merken. Dabei reden wir nicht von einem kontinuierlichen Prozess, sondern von dynamisierten Sprüngen in einem kurzen Zeitraum. Diesen fassen wir unter dem Begriff „Zeitenwandel“ zusammen.

Unter einem Zeitenwandel versteht man einen zeitlichen Abschnitt, in dem sich dessen einzelne Elemente auf eine solche Art und Weise dynamisch gegenseitig beeinflussen, dass diese eine Neuordnung der bisherigen (globalen) Machtverhältnisse bewirken können.

Die, sich gegenseitig beeinflussenden, Elemente sind:

1.) Der Umgang mit dem technologischen Fortschritt (z.B. Digitalisierung, Verhaltenskapitalismus, Homo stimulus, Biotechnologie, KI, Optimierung des Menschen)

2.)    Den Aufstieg neuer Konkurrenten auf den Weltmärkten (z.B. asiatische Staaten)

3.)    Der Schwäche der westlichen Welt (z.B. durch Instabilität, schwindendes Vertrauen in bestehende Ordnungen, Verlust von Wettbewerbsfähigkeit oder den politischen Aufstieg Chinas/Asiens)

4.)  Die Veränderung der Umweltbedingungen (z.B. durch Klimawandel, Pandemien, Ressourcenausbeutung oder Umweltzerstörung)

5.)    Fehlende Perspektiven eines Teils der Menschheit (z.B. durch Überbevölkerung oder unbefriedigte Grund- und Sicherheitsbedürfnisse)

Dass nun eine Veränderung der Umweltbedingungen, in Form einer Pandemie, global einen solchen Einfluss nehmen würde, war kaum vorauszusehen. In Modellen zweifellos, aber in der Realität? Auch viele Experten prognostizierten tendenziell eine regionale Epidemie, keine globale Seuche. Eine von vielen, man denke hier z.B. an Ebola, die zwar schrecklich wüten, aber das so fern vom sicheren Leben in der westlichen Zivilisation, dass eine Involvierung unwahrscheinlich erschien. Nun allerdings ist der Covid-19-Virus ein dynamisierender Faktor, welcher der Verschiebung der globalen Machtverhältnisse – und damit dem Zeitenwandel - noch eine weitere Komponente hinzufügt. Die Probleme und Schwächen der Strukturen und Ordnungen werden daher nun in rasender Geschwindigkeit offengelegt und die Wahrheit ist schmerzhaft:  Wir waren bereits zuvor in Zeiten, in denen die bisherige Ordnung auf dem Spiel stand. Wir konnten und wollten es nur nicht sehen, da es für viele unvorstellbar erschien, dass sich die gewohnte, geliebte und geschätzte Illusion in kurzer Zeit radikal als Trugbild erweisen könnte. Nun wissen wir es besser. Machen wir nun aber nicht den gleichen Fehler wieder und konzentrieren uns nur auf die Pandemie. Sehen wir die Welt so wie sie ist. Mit all ihren Realitäten, die unsere Art zu leben wieder und wieder herausfordern wird. Die Zeit der Kontinuität und Sicherheit ist vorbei.

 

2) Modernisierungsschub durch Investitionen!

Um der neuen Zeit gerecht zu werden, müssen wir klug investieren! Infrastruktur, Systemumbau, moderne und effektive Strukturen – die Versäumnisse sind groß und hätten bereits vor Jahren angegangen werden müssen. Nun wird es, mit Blick auf die allgegenwärtigen Staatsverschuldungen, zu einem gefährlichen, aber notwendigen Spiel. Die Corona-Pandemie und deren Nachwirkungen werden die Regierungen auf der ganzen Welt zu massiven Stützungen des eigenen Systems zwingen. Wirtschaft, Gesundheitssystem, Infrastruktur, Existenzen und so vieles mehr – alles mag wanken, es darf aber nicht fallen.

Doch, wenn man beginnt, muss es auch zu Ende gebracht werden. Was hilft es, einen toten Ast am Baum abzuschneiden, wenn der ganze Baum morsch und hohl ist?  Aus den Hilfen müssen Investitionen werden. Vielleicht das größte Konjunkturprogramm der Geschichte. Pragmatismus vor Ideologie. Mut vor Zögern. Umbau für die Zukunft. Zeigen nicht schon wenige Wochen, wie groß die Lücke zwischen dem, was sein könnte und dem was ist, klafft? Eine unendliche Schlucht und scheinbar unüberwindbar:

·         Wieso existiert keine ausreichende digitale Infrastruktur um Unterricht an den Schulen, Vorlesungen an Universitäten oder Behördengänge durchführen zu können? Die Ausbildungen ließen sich so problemlos fortsetzen.

·         Warum wurde es versäumt, viele Betriebe (z.B. Geschäfte in den Innenstädten), bei denen dieses möglich ist, an eine digitale Struktur anzuschließen? Die Zentren, im Besonderen in den kleinen Städten starben auch oft schon vor den Ausgehbegrenzungen.

·         Wo ist die digitale Struktur im Gesundheitswesen? Gibt es ein System, bei dem auch der virtuelle Arztbesuch flächendeckend möglich ist? Eine grundlegende Frage, wenn man bedenkt, dass der ländliche Raum unter einem Mangel an Ärzten oder anderem Fachpersonal leidet?

·         Wie mit dem Verhaltenskapitalismus umgehen, der in der Phase der Pandemie seine Macht in kurzer Zeit massiv ausbauen wird? Zweifelsfrei werden einige wenige wirtschaftlich massiv gestärkt aus der Krise hervorgehen. Warum sie alleine mit der neuen Macht lassen und nicht einbinden?

 

Unter Verhaltenskapitalismus versteht man eine Spielart des Kapitalismus, in der menschliches Verhalten zum zentralen Faktor für die Produktion und Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen wird.

·         Wie mit der modernen Reizgesellschaft und der Transformation des Menschen zum Homo stimulus umgehen? Die Isolation und Stille der Corona-Zeit wird diesen Prozess massiv vorantreiben.

 

Unter einem Homo Stimulus, versteht man eine derartig konditionierte Person, die an eine permanente Konfrontation mit hochfrequentierten, kurzen sowie künstlichen Reizen gewöhnt ist und sich ihnen kaum oder nur teilweise entziehen kann oder will. Im Gegenteil werden bestimmte Reize oft selbst eingefordert oder ein entsprechender Reizdialog angestoßen.

·         Wie steht es generell um die Infrastruktur? Um Straßen, Krankenhäuser oder Leitungen?

·         Gibt es genügend Fachkräfte in allen relevanten Bereichen?

·         Wie gut und sicher sind die Systeme – vom Renten- bis Krankensystem eigentlich noch?

·         Ist die Wirtschaft auf Dauer noch wettbewerbsfähig?

·         Wie gerecht ist die Gesellschaft?

Das sind nur einige konkrete Beispiele einer langen Liste, für die es Ideen und Investitionen bedarf. Die notwendigen Rettungsmaßnahmen im Rahmen der Krise dürfen daher nur ein Startschuss sein zu einem umfangreichen Investitionsprogramm sein.

 

3) Gesellschaftliche Erneuerung vorantreiben!

Die globalen Gesellschaften zerfallen seit vielen Jahren in kleine Lebenswirklichkeiten und dieser Vorgang ist nicht abgeschlossen. Das Muster ist weltweit zu beachten und sowohl für entwickelte als auch für nicht-entwickelte Staaten nachweisbar. Die heutigen Gesellschaften sind daher in der Regel nicht homogen oder gemäßigt heterogen, sondern setzen sich aus vielen Milieus mit unterschiedlichsten Lebensweisen und Wertvorstellungen zusammen, die sich teilweise widersprechen. Diese Unterschiede führen zu Auseinandersetzungen und haben massiv zu den heutigen Spaltungen im sozialen und politischen Bereich beigetragen. Der Vorgang selbst wird als „Milieukampf“ bezeichnet.

Milieukampf bedeutet, dass sich zwischen Lebenswirklichkeiten (Milieus) einer Gesellschaft (oder mehrerer Gesellschaften) Konflikte ergeben, die aktiv oder passiv ausgetragen werden.

Dabei sei angemerkt, dass die Theorie des Milieukampfs nur ein kleiner Ausschnitt aus einem Gesamtkontext darstellst, der normalerweise nicht isoliert betrachtet werden darf, aber für den Moment soll der Gedanke genügen. Gründe für Milieukämpfe sind in der Regel in Angriffen auf das eigene Selbstverständnis bzw. die eigene Identität aber auch in Verteilungskonflikten zu sehen. Die Wirklichkeit des gesellschaftlichen Zerfalls hat längst obsolete Theorien der Vergangenheit wie das vereinfachende „Links-Rechts-Schema“ abgelöst und wird der Vielfalt der Gesellschaften da gerecht, wo veraltete Erklärungsmuster an ihre Grenzen stoßen. Im Gegensatz zu ihnen bietet die Theorie des Milieukampfs präzisiere Analyseergebnisse gesellschaftlicher Entwicklungen und Konflikte und das ohne ideologische Deutungen. Warum dann an alten und morschen Relikten aus der Vergangenheit festhalten, die durch ihre mangelnden Erklärungswirkungen die Gesellschaft noch mehr spalten, wenn wir uns längst im 21. Jahrhundert befinden? Das Zeitalter des kollektiven Individualismus muss eines des Pragmatismus sein, nicht der Ideologie.

Um die Wirklichkeit gesellschaftlicher Strukturen zu wissen, ist aber nur die ein erster Schritt. Wie aber diese Milieukämpfe überwinden? Verteilungsprobleme, also wirtschaftliche Ungleichheit, lässt sich kurzfristig nicht beheben, wohl aber wäre es möglich, eine gemeinsame Teil-Identität zu entwickeln, die zum Überstehen des Katastrophenfalls und seiner Nachwirkungen führen und langfristig als gemeinsamer Nenner für die Gesellschaft der Zukunft dienen kann. Damit wäre es möglich, gesellschaftliche Spaltungen in der Zeit danach abzumildern und so ein weiteres auseinanderdriften zu verlangsamen und zu ordnen. Kurzfristig könnte das durch ein gelungenes Krisenmanagement der Politik, durch ein soziales Engagement der Wirtschaft und die Kooperation und gegenseitige Hilfe der Einzelnen geschehen. Für alle drei Elemente gibt es zumindest Indikatoren, wenngleich sich aus Sicht des Autors im Moment auch nur das letztgenannte anhand seines persönlichen Lebensumfeldes, ob des erfolgreichen Einsatzes, verifizieren lässt. Hier gab es beispielsweise schnell organsierte Hilfsgruppen in sozialen Medien, die hier mit einer Verlinkung auch Würdigung finden sollen.

Langfristig müssten aber auch die Verteilungsfragen angegangen werden, womit wir den letzten Punkt erreichen.

 

4) Evolution des Wirtschaftssystems zu einem Wertekapitalismus!

Die Welt ist heute vernetzt und diese globale Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Faktor für den Wohlstand der Nationen und Frieden. Trotzdem gibt es auch negative Erscheinungen, die zulange billigend in Kauf genommen wurden. Ja, es gibt die große Macht des Finanzkapitalismus, die in Zukunft nur von der des Verhaltenskapitalismus übertroffen werden wird. Ja, es gibt Ausbeutung, Not und Elend als direkte Folge wirtschaftlichen Handelns und trotzdem existieren, und das mag manch Ideologen weniger gefallen, mehr Profiteure auf dem Erdenrund, als Opfer. Die globale Armut geht, allen lautstarken Behauptungen der Ideologen, zurück. Sie nimmt nicht zu. Zumindest bis heute; die Auswirkungen der Pandemie sind unklar. Dieses unvollkommene System hat daher bisher statistisch weitaus mehr Wohlstand geschaffen, als zerstört. Und trotzdem müssen wir etwaige negative Entwicklungen weder hinnehmen, noch akzeptieren.  

Die große Frage muss daher sein, ob es eine Möglichkeit, diese Schattenseiten zurückzudrängen und die urgewaltigen Kräfte des Systems so umzuleiten, dass sie – ausschließlich - dem Wohle aller Beteiligten dienen. Gerade im Hinblick auf Zeitenwandel, Verhaltenskapitalismus, Milieukampf oder den kollektiven Individualismus ist das sogar unabdingbar. Gibt es demnach eine solche Möglichkeit, ohne in die schrecklichen ideologischen Verwirrungen der Vergangenheit zu verfallen, die bereits mehrfach gescheitert sind?

 

Die gibt es mit dem Modell der Alternativen Hegemonie (AH-Modell), das das bisherige kapitalistische System in einen Wertekapitalismus transformieren könnte, bei dem es am Ende nur Gewinner geben würde.

Der Wertekapitalismus, um zurück zur aktuellen Lage zu kommen, schützt nicht direkt vor Pandemien. Eine solche Behauptung wäre vermessen. Er hilft aber indirekt, indem er einerseits die Forschung auf dem medizinischen Sektor vorantreibt und Kapazitäten bündelt, aber zugleich auch finanzielle Reserven bildet, die weltweit zur Bekämpfung und Eindämmung eingesetzt werden können.

Der Wertekapitalismus wäre ein Schritt zu einer freieren, besseren und gerechteren Welt – ohne dabei auch nur ein kleines Stück Freiheit aufgeben zu müssen.

 

An die Zukunft denken

Unzweifelhaft stehen wir im Moment erst am Beginn einer Krise, deren Ausmaß im Moment noch gar nicht absehbar sein wird. Der Pandemie wird voraussichtlich – und mit aller Vorsicht und Vernunft ausgedrückt – eine menschlich, wirtschaftlich und politisch sehr schwierige Zeit folgen, denn der Zeitenwandel hält nicht inne, sondern er wird weiter wirken. Der Fluss treibt das Boot an, ob wir es steuern oder nicht. Sich unter Deck zu begeben und so zu tun, als wäre man im stillen und sicheren Gewässern, ist eine Illusion, deren Schleier spätestens dann zerrissen wird, wenn das Schiffchen auf einen Felsen aufläuft oder den Wasserfall hinabstürzt. Nein, wir müssen handeln. Wir müssen steuern und uns den Herausforderungen des reißenden Flusses stellen.

 

Es wäre unredlich und zynisch dabei von der Krise als Chance für eine bessere Zukunft zu reden. Es wäre aber ebenso fahrlässig nicht schon jetzt davon zu sprechen, wie eine bessere, robustere und kommende Welt aussehen könnte. Aussehen müsste. Wir leben in einem Zeitalter des kollektiven Individualismus. Akzeptieren wir das und gestalten die Zukunft jetzt.

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